Der (vermutlich) älteste Tanz- und Liveclub - die LILA EULE - war nach ihrer Geburtsstunde 1959 erste Anlaufstelle für den verpönten Jazz, der noch mit Begriffen aus der Nazizeit wie „entartet“ und „Negermusik“ im gesellschaftlichen und familiären Umfeld bezeichnet wurde. Es war der Beginn des Aufbegehrens gegen diese alten Strukturen, der seine Fortsetzung in der Beatmusik und einer gesellschaftlichen Gegenbewegung fand.
Die Lila Eule war in den Anfangsjahren und besonders zur Zeit der 68er auch Treffpunkt für viele Aktionsgruppen. Rudi Dutschke war 1967 in
der Lila Eule zu Gast und sprach zu den jungen Bremerinnen und Bremern. Von solchen Persönlichkeiten und der Zeit geprägt, haben Bremer Schülerverinitiativen unter anderem Aktionen bei den Bremer
Straßenbahnunruhen 1968 im Club geplant. Die Frauenbewegung „Bremer Weiberrat“ setzte im selben Jahr erste Zeichen durch Veranstaltungen in
der Lila Eule. Aus diesen entstanden dann Gruppen, die heute als wegweisend für den Kampf gegen das Abtreibungsverbot, für alternative Kinderhorte oder die
Gleichstellung gelten.
Die Musik blieb politisch und damit auch das Publikum der Lila Eule. In den 70ern wurde die Eule nach Folk und Krautrock auch zur beliebten Adresse bei
Punkbands, aber die Politik spielte weiter eine Rolle im Umfeld. So hat der Lila Eule Mitbegründer Olaf Dinné mit seinen Gesinnungsgleichen die 1. Bremer
Grüne Liste zur damaligen Landtagswahl bei uns im Club gegründet (1979).
In den 80er und 90er Jahren wurde die Musik unpolitischer. Auch weil Gesellschaften seitdem nicht mehr so stark von Parteien, sondern eher von „gelebten Normen“ aus der Mitte der Gesellschaft
geprägt werden - und trotzdem erhielt sich die Lila Eule den Einfluss auf die Kultur der Stadt und prägt bis heute –
unabhängig von Parteipolitik – das liberale Lebensgefühl Bremens ein Stückweit mit.
Wo künstlerische Freiheit existieren darf, entstehen auch Freiheiten in den Köpfen der Macher und Zuschauer. Im kleinen Kellerclub tobte sich seit Jahrzehnten
nicht nur die kreative Musikszene mit den Scorpions, Peter Brötzmann, Chris Barber, Brotherhood Of Breath, Bobby "Sunny" Hebb, Chick Corea, Kurtis Blow,
Flomega, Otto Waalkes, Amon Düll II, Frumpy, Ton Steine Scherben, Blowfly oder die Jungle Brothers aus, sondern auch die wilde Bremer Theaterszene um Bruno Ganz, Vladim Glowna, Judi Winter, Rudi Carrell oder Peter Zadek hatte hier ihren Treffpunkt. Udo Lindenberg, Frank
Zappa, Bernd Regener oder Adel Tawil konnten sich ebenfalls der elektrisierenden Atmosphäre des Kellerclubs nicht entziehen und verliessen den Tanzkeller oft erst zum
Sonnenaufgang.
WAS MACHEN WIR
Wir schauen gerne abseits des Mainstreams und bilden in Bremen eine Vorreiterrolle in Genres wie deutschen Hip Hop (Goldroger, Retrogott & Hulk Hodn, Fatoni,
B-Tight, Lemur, Johnny Rakete...) oder Reggae/Dancehall (Silly Walks Discotheque, Jugglerz, Pow Pow Movement, Gönningz, Sentinel...). Wir lieben
Oldschool/Indie Hip Hop auf unserer Bühne (Kurtis Blow, Jungle Brothers, Bizarre Ride II the Pharcyde, R.A. The Rugged Man, The Coup, Doomtree, Ugly Duckling, Rah
Digga, Lords Of The Underground, Reverie...) und haben weitere Schwerpunkte in den Bereichen Rock/Punk (Kadavar,
UK Subs, Poison Idea, The Movement, Angry Samoans, GBH, Hot Snakes, Lydia Lunch, Adolescents, Sham 69, Nine Pound Hammer, The Vibrators, Abwärts, 999...) oder
Soul/Funk/Jazz/World (Blowfly, Andre Williams, dunkelbunt, Tankus The Henge, Sidi Wacho...). In der Lila Eule folgen wir beim Kuratieren des Programms einer
einfachen Logik - es muss die Vielfalt unseres Publikums widerspiegeln.
Livemusik muss immer angeboten um wahrgenommen und angenommen zu werden und die 70jährige Geschichte der Popularmusik ist nicht unverwundbar gegenüber den Bequemlichkeiten des Alltags – aber es
sind nicht Fernsehserien oder Skatabende, die in Erinnerung bleiben, sondern oftmals sind es Liveerlebnisse, an die man sich Jahrzehnte erinnert und nicht selten die Lebensentwürfe von Menschen
prägen.
Nicht nur von jahrelangen Klagen einer Anwohnerin finanziell gebeutelt (auch wenn wir in letzter Instanz vollumfänglich Recht bekamen) konnte dann in der
Coronazeit nicht das Geld erwirtschaftet werden, das zum Programmstart dringend benötigt wurde. Erschwerend kommt hinzu, dass sich das Umfeld weiterhin verschlechtert hat. Junge Menschen, vor
allem Studierende, werden aus den lebendigen Vierteln gedrängt und parallel entwickelte sich in den umliegenden Straßen unseres Clubs der Sauftourismus an Kiosken mit einhergehenden Problemen.
Corona hat diese Entwicklung forciert und die Clubs aus dem Fokus gedrängt ein geschützter Ort des Nachtlebens zu sein. Um diese Aufgabe wieder zu übernehmen, bedarf es weiterhin einer sozialen
Bindung der jungen und junggebliebenen Menschen an unsere Clubs. Der soziokulturelle Wert von "Wohlstandskinderkultur" darf zu Recht in Frage gestellt werden, da deren Veranstaltungen oft nur
definierten Kreisen zugänglich sind. Clubs aus der Mitte unserer Gesellschaft hingegen sind bestimmt, Menschen - unabhängig ihres Alters, sozialen Schicht, Geschlechts oder Ethnie mittels Musik -
zueinander zu bringen. Orte des Miteinanders sind heute wichtiger denn je in unserer auseinanderdriftenden Gesellschaft - das MITEINANDER gewährleisten wir durch unsere Regel:
NO RESPECT - NO PARTY
Wir suchen laufend Archivmaterial - Flyer, Poster, Fotos etc. - aus alten Tagen. Mailt uns auch gerne Anekdoten, Liebesgeschichten und Sonstiges an info@lilaeule.de